2. Arnstädter Literaturtag

Aufgrund einer anderen Parallelveranstaltung wurde der 2. Arnstädter Literaturtag vom September auf den 5. November verlegt. Da es um diese Jahreszeit schon deutlich kälter war, fand diesmal alles in Innenräumen verschiedener Locations statt. Immerhin schien wenigstens die Sonne, sodass ich mit dem Fahrrad von Gotha nach Arnstadt fahren konnte. Angesichts der steigenden Spritpreise und der Abschaffung des 9 €-Tickets nach nur drei Monaten die einzige Option, kostengünstig anzureisen. Auf der anderen Seite leider auch eine sehr zeitintensive Option, mit der es kaum möglich war, pünktlich zum Beginn der ersten Lesung zu erscheinen.

Auf die Auswertung des Krimikurzgeschichtenwettbewerbs am Vorabend habe ich gleich ganz verzichtet, da ich es nicht geschafft hatte, eine eigene Geschichte einzureichen. Der Abschluss des zweiten Bandes von „Dunkle Sphären“ hatte für mich nun einmal Vorrang. Vielleicht nehme ich beim nächsten Mal teil.

Der Samstag begann 10:30 Uhr mit einer Lesung zur Thüringer Geschichte im Stadtmuseum, die ich leider verpasst habe. Weiter ging es 11:30 Uhr im Café Marlitt, wo Uta Kessel in gemütlichem Ambiente Arnstädter Literaten vorstellte. Davon habe ich immerhin noch die letzten Minuten mitbekommen. Bis 15 Uhr war dann erst einmal Mittagspause.

Die nächste Lesung fand in der Musikschule am Markt statt, wo Franziska Steinecke und Marco Onofri für die passende musikalische Untermalung sorgten. Arnstadt ist ja nicht nur Literaturstadt, sondern auch Bach-Stadt, weshalb die Kombination mit klassischer Musik durchaus passend war. Gespielt wurden allerdings andere Komponisten.

Die erste Lesung hielt Evelyn Günther, da sie 16 Uhr bereits zur nächsten Veranstaltung im Lebensart erwartet wurde. Außerdem fand parallel ab 15:30 Uhr eine Kinderbuchpräsentation mit Thomas Kuschel, Gabriele Mämpel und Christiane Schön in der Bibliothek statt. Ein volles Programm, welches einem die Qual der Wahl ließ.

In der Musikschule ging es unter anderem mit Jürgen Ludwig weiter, der aus seinem Sachbuch „Arnstadt, deine Bäume“ las. Ein Aufruf zur Stadtbegrünung, die einige interessante Geschichten zu bieten hatte. Durch das Programm aus Geschichten und Gedichten führte Dieter Hesse.

Den Abschluss bildete ab 18 Uhr die Verleihung der Arnstädter Literaturpreise im großen Saal des Rathauses. Da die Preise direkt vom THK-Verlag vergeben wurden, waren diese auf Autoren desselbigen beschränkt. Allerdings gibt es in Arnstadt auch nur einen weiteren Verlag, die Blütezeit des örtlichen Verlagswesens liegt in der Vergangenheit.

Immerhin gingen Jury und Sponsoren über den Verlag hinaus und die Preise wurden von lokalen Politikern und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens überreicht. Den Anfang machte dabei die Landtagsabgeordnete Donata Vogtschmidt (DIE LINKE), welche den Preis für das beste Wissenschaftsbuch an Prof. Uwe Hoßfeld und Dr. Karl Porges überreichte.

Der Preis in der Kategorie Belletristik ging an Matthias Klaß für seinen historischen Roman „Kampf um Thüringen – Der Untergang“. Der Preis für das beste Kinderbuch wurde von Landrätin Petra Enders für das Buch „Wau! Geschichten aus dem Gerataler Märchenland“ von Gabriele Mämpel und Christiane Schön übergeben. Zwar war nur eine Autorin anwesend, doch dafür kam diese mit einer ganzen Hundeschule, denn im Buch geht es vorrangig um die Vierbeiner.

Als nächster wurde Dieter Hesse für sein Lebenswerk prämiert. Der inzwischen 80-Jährige hat erst spät mit dem Schreiben angefangen, inzwischen aber schon 9 Bücher veröffentlicht.

Der Preis für die beste Thüringer Biografie ging an Dr. Stefan Wogawa, überreicht von Autorenkollegin Evelyn Günther.

Jürgen Ludwig erhielt anschließend von Verlagschef Frank Kuschel den Preis für das beste Sachbuch „Arnstadt, deine Bäume“, aus dem er bereits am Nachmittag vorgelesen hatte.

Der Preis für den besten Krimi ging an Michael Menzel für seinen Politthriller „Schattenmächte“ und zum Schluss gab es noch einen Sonderpreis für Landolf Scherzer, der trotz aktueller Krisen stets seinen Standpunkt verteidigte. Eine gute Überleitung, denn im Anschluss sollte er noch aus dreien seiner Bücher lesen. Darunter aus „Am Sarg der Sojus“, welches nach einer Reise ins postsowjetische Russland der Wendezeit entstanden war.

In einem weiteren Buch hatte Scherzer seine Erlebnisse auf der Krim nach der Annexion niedergeschrieben, welches noch vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine in Druck ging. Nachdem es von den historischen Ereignissen überholt wurde, musste Scherzer viel boshafte Kritik über sich ergehen lassen, zumal er die Meinung vertrat, dass der Beitritt der Halbinsel zu Russland der dortigen Bevölkerung erst den Bürgerkrieg und anschließend auch den aktuellen Krieg erspart hat. Dies sei aber vielmehr eine pragmatische Tatsache und habe nichts mit Putin zu tun, dessen Krieg Scherzer selbstverständlich ablehnte. So habe er auch schon damals keine Putinmadroschka als Souvenir mitgenommen.

Als befremdlich schilderte der Autor, dass jeder Ausländer, der über Moskau auf die Krim reise, von der Ukraine des illegalen Grenzübertritts beschuldigt werde, während die Ukraine ihrerseits aber keine Genehmigungen für Reisen auf die Krim erteile. Egal ob Touristen oder Journalisten, in den Augen der Regierung von Kiew seien alle Illegale und Exbotschafter Melnyk forderte gar von Deutschland die Auslieferung der vermeintlichen Straftäter. Dabei ging es Scherzer lediglich darum, ein Buch darüber zu schreiben, wie die Bevölkerung der Krim die letzten Jahre erlebt hat. Ganz objektiver Journalismus, fernab jeglicher Propaganda der einen oder anderen Seite.

In Zeiten der Kriegsrhetorik heißt es jedoch: „Wer nicht für die Ukraine ist, ist für Putin“, auch wenn das überhaupt nicht stimmt. Wer versucht, die Lage objektiv zu betrachten, alle Fakten vorzutragen oder gar für Friedensverhandlungen zu appellieren, steht da schnell am Pranger, so wie zuletzt Gabriele Krone-Schmalz, die erst kürzlich an der Volkshochschule Reutlingen einen wissenschaftlich trockenen und politisch neutralen Vortrag über die Vorgeschichte des Ukrainekrieges hielt, bei dem sie mehrfach betonte, dass der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Putin durch nichts zu rechtfertigen sei. Trotzdem werden sie und die Volkshochschule seither angegriffen.

Im Falle von Landolf Scherzer kommt hinzu, dass sein Buch lange vor dem Angriffskrieg entstanden ist. Das Publikum in Arnstadt hatte dafür offenkundig Verständnis. So stießen die Auszüge, die Scherzer zum Besten gab, auf großes Interesse und ernteten entsprechenden Beifall. Im Anschluss hatten die Gäste noch Gelegenheit, mit allen anwesenden Autoren ins Gespräch zu kommen. Verlagschef Frank Kuschel spendierte zudem ein Büffet anlässlich seines 60. Geburtstages, welchen er im Vorjahr nicht feiern konnte und nun nachholte.

Für mich ging damit ein ereignisreicher Tag zu Ende, an dem ich ganze drei Exemplare von „Dunkle Sphären“ verkauft habe – so viel wie schon lange nicht mehr. Nach dem Abbau stand nur noch eine lange Heimfahrt in der Dunkelheit an. Ein Glück, das wenigstens das gute Wetter hielt und den Blick auf einen schönen Sternenhimmel freigab.

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